Psychologische Beratung & Mentoring Simone Heydel

TABU-Talk: Warum ich keine (eigenen) Kinder habe

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Im Rahmen der Blogparade „TABU-Talk: Über dieses Tabu möchte ich endlich offen reden“ von Generose Sehr schreibe ich diesen Artikel. Ich schreibe und spreche oft über Tabuthemen, wie Tod, Sterben, psychische Erkrankungen. Aber dieses eine Thema habe ich auch immer nach hinten gedrängt: Meine Kinderlosigkeit.

Ich liebe Kinder und Kinder lieben mich. Soviel ist schon mal sicher. Und ich war mir auch immer sicher, dass ich Kinder möchte. Viele. Schließlich komme ich aus einer großen Familie und bin mit 4 Schwestern aufgewachsen. Doch jahrelang hat es sich einfach nicht ergeben.

Tick-tack – die Uhr läuft ab

Irgendwann war ich 38 und alle sagten mir, dass ich jetzt doch endlich mal anfangen müsste, wenn ich noch gesunde Kinder haben möchte. Ich war in einer Beziehung, in der es immer wieder ordentlich kriselte und ich war mir nicht mehr sicher, ob das wirklich der richtige Vater sein könnte. Zumal er nie Kinder haben wollte und ich trotzdem hoffte.

Doch woher so schnell einen neuen Partner bekommen? Schließlich lief meine Zeit ab und bald würde ich zu alt für Kinder sein. Panik stieg auf und Hoffnungslosigkeit machte sich breit.

Und ständig wurde ich mit Fragen oder Sprüchen bombardiert:

Mit Ende 30 war ich also in einer tiefen persönlichen Krise gelandet: Job schrecklich, Beziehung seit Jahren am Ende und keine Kinder. Ich war in dieser Zeit ständig beim Arzt und habe mich wegen jedem kleinen Schnupfen krankschreiben lassen.

Meine Ärztin fragte mich jedes Mal, ob ich einen Kinderwunsch habe. Ich wusste die Antwort nicht. Aber ich versprach ihr endlich, ernsthaft darüber nachzudenken.

Die Zeichen, die ich übersehen hatte

Also begann ich, mir die Sache mal genauer anzuschauen:

Ich hatte einen Partner, der keine Kinder wollte und das auch nie versteckt hat. Ich dachte aber, ich könnte in schon überzeugen.

Und ich hatte die Freiheit, zu tun und zu lassen, was ich wollte und das wollte ich auch eigentlich nicht aufgeben. Beim Gedanken daran, örtlich gebunden zu sein, z. B. aufgrund von Schule oder Kindergarten, krampfte sich mir die Brust zusammen.

Wenn meine jüngste Schwester ihrem kleinen Sohn die Fingernägel schnitt, bekam ich irgendwie Panik, dass ich das niemals könnte. Und obwohl er total lieb war, fühlte ich mich passiv total überfordert.

Oder meine andere Schwester, die immer erfüllt den ganzen Haushalt im Kofferraum hatte, wenn sie mit den Kids vorbeikam. Was für ein Aufwand für ein paar Stunden.

Frauen, die mit Kinderkutsche an mir vorbeiliefen und vielleicht noch mehr Kinder im Schlepptau hatten, lösten Beklemmung in mir aus. Das war definitiv nicht das Leben, was ich mir für mich wünsche.

In meiner Vorstellung hatte ich mich auch immer nur mit einem Baby gesehen und nie mit einem Schulkind, geschweige denn älter.

Noch ein bisschen tiefer graben

Meine Mutter sagte immer, dass eine Frau einen Kinderwunsch hat. Das wäre ganz natürlich. Und auf jeder Geburtstagsfeier, wenn sie und ihre Schwestern aufeinander trafen, ging es um die ewig gleichen Geschichten über Geburt und Kindererziehung.

Ziemlich früh habe ich schon beschlossen, dass das nicht das Leben ist, was ich haben möchte: Kinder und sonst nichts?

Und irgendwann wachte ich auf und dachte: Ich habe alles dafür getan, dass ich keine Kinder bekomme. Ich bin bei dem Mann geblieben, mit dem ich niemals Kinder haben würde, damit ich das schön auf ihn schieben konnte. Ich habe mich nie bemüht, etwas an dieser Situation zu ändern. Ich habe so lange ausgeharrt, bis ich zu alt war für dieses Thema.

Ich habe erkannt, dass ich froh bin, keine Kinder zu haben. Dass ich frei sein will und keine Verantwortung für kleine Menschen übernehmen möchte. Ich habe erkannt, dass eben nicht jede Frau einen Kinderwunsch hat. Dass ich lieber Tante bin als Mutter. Und dass das völlig in Ordnung ist.

Schuldgefühle und Schweigen

Bei manchen Menschen stößt das auf Ablehnung und Unverständnis. Und eine Zeit lang habe ich mich auch schuldig gefühlt.

Darf ich so frei und unabhängig sein, während meine Schwestern auf vieles verzichten mussten? Darf ich an mich denken und kinderlos bleiben oder muss ich einem Rollenbild entsprechen? Darf ich ohne Kinder glücklich sein?

Die Frage nach Kindern fühlt sich immer noch unangenehm an. Blicke sagen mehr als Worte. Also versuchte ich meistens, das Thema zu vermeiden. Sage oft nichts dazu oder lenke vom Thema ab. Ich habe einfach keine Lust mehr, mich zu erklären.

Mittlerweile lebe ich mit einem neuen Partner zusammen, der zwei Söhne hat. Für mich nicht immer leicht, aber ich kann mich da größtenteils raushalten. Zumal sie auch nicht mehr klein sind.

Wenn es mal wieder um Kinder geht, kann ich also mittlerweile sagen, dass ich zwei Stiefsöhne habe. Thema beendet. Und mit diesem Artikel hoffe ich, dazu beizutragen, offener mit diesem Tabuthema umzugehen.

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